Ordnung muss sein! Ist das tschechischer Humor? Ja. Die düstere Geschichte von Flucht und Krieg wird vom Antihelden Vandam aufgelöst mit diesem Ordnung muss sein. Immer wieder werden wir es im Stück hören.
Zwei Menschen, ein Schlagzeug. Also drei Menschen.
Der nackte Mann steigt aus dem Schaum. Noch wissen wir nichts. Ist es ein Schaumschläger oder einfach nur der Schläger aus der Bar um die Ecke. Sie reicht ihm den Bademantel und der Monolog geht los. Ach was, das ist keiner. Sylva ist da. Sie ist die starke Diva mit rauher Schale und weichem Kern. Standhaft. Sicher. Vielleicht mit einem tragischen Geheimnis.
Wer inspiriert hier wen? Vandam redet. Alle Ansichten und doch ist es so, als ob Sylva und er sich die Bälle salvenartig zuwerfen. Er kennt jede Schlacht der Welt, fühlt sich als Römer. So sehr Römer, dass wir in der Mitte eine Darbietung von Felicità hören dürfen. Und das Blatt wendet sich. Die Schlacht im Teutoburger Wald. Eine Römische Niederlage, dreht Vandam um. Er sei der Nachkomme des überlebenden römischen Boten. Falsch ist richtig. Welche Seite im Kampf spielt keine Rolle. Da kommen wir der Sache näher. Vandam kreierte seine eigene Legende. Er habe auf der Nationalstraße den ersten Schlag gemacht. Unter den Demonstranten. Im Laufe der Geschehnisse dreht sich alles um. Wer war in der ersten Reihe? Haben sich die Brüder bekämpft? Und ist der tschechische Wald der mystischste Ort Europas? Tschechischer Humor. Vielleicht ist die Nationalstraße die Via Appia und Vandam, der Europäer hat das Leben begriffen. Zweihundert Liegestütze der Erkenntnis. Er ist Patriot. Wie Elvis, trägt Vandam einen blauen Anzug. Allerdings mit einem Schnitt, der direkt aus dem Film Bloodsport mit Jean Claude Van Damme stammen könnte. Die Nationalstraße. Eine Heerstraße. Vielleicht verheerend. Alle sollen raus. Ordnung muss sein. Frieden ist nur eine Pause zwischen zwei Kriegen. Die Dicken werden im Krieg dünn und die Dünnen sterben. Der Krieg hinterlässt den Generationen all diese Weisheiten, Traumata. Der Wolf ist das Zauberwesen, das immer wieder erscheinen wird. Niemand reagiert auf Hilfeschreie, alle Lichter gehen bei Krawall an.
Betty Freudenberg und Alexander Swoboda tragen das Stück auf eindrucksvolle Weise. Betty Freudenberg verwandelt sich mit Leichtigkeit in Vandam, in einen Römer, in die Mutter, einen Vamp in jeden möglichen Gegenpol. Sie haut uns um und nicht zuletzt schaukeln sich Alexander Swoboda und Betty Freudenberg immer wieder gegenseitig hoch. Es ist pointiert, lustig, ernst, traurig, dynamisch, mitreißend und niemals albern. Ich will dieses Buch lesen. Die Tristesse im Neubaugebiet, der Brutalismus-Architektur wird eindrucksvoll durch das Bühnenbild eingefangen. Ich sehe die Kiezkneipe Severka vor mir und erinnere mich an eine eigene Kiezkneipe aus meiner Studienzeit in der abgehalfterte Ringer zusammen mit Ex-Junkies, Studenten und Taxifahrern Bier tranken. Eisbein im Hochsommer und Insider beim Bestellen.
Zur Premiere war der Schriftsteller Jaroslav Rudis ebenfalls anwesend. Leider war ich zu schüchtern, um ihn anzusprechen.
Besetzung
Betty Freudenberg
Alexander Swoboda, Fabian Ristau
Regie: Theresa Welge
Ausstattung: Jan Štepánek
Kostüme: Marthe Labes
Musik: Fabian Ristau
Licht Christopher Moos
Dramaturgie: Simone Sterr
Dramaturgische Mitarbeit: Dany Handschuh
Termine
Donnerstag, 02. Februar 2017, 20:00 – 21:45 Uhr
Samstag, 18. Februar 2017, 20:00 – 21:45 Uhr
Donnerstag, 30. März 2017, 20:00 – 21:45 Uhr
Mittwoch, 26. April 2017, 20:00 – 21:45 Uhr
Samstag, 13. Mai 2017, 20:00 Uhr
Mittwoch, 21. Juni 2017, 20:00 – 21:45 Uhr
Dienstag, 27. Juni 2017, 20:00 – 21:45 Uhr / Zum letzten Mal
1 Kommentar
[…] in beiden Häusern erzählt. Im Kleinen Haus entdecke ich in der Seitenbühne ein Stück Kulisse zu Nationalstraße, einem Stück das mir bekannt ist. Im Großen Haus, wie auch schon im Tiefkeller, einem […]